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„Gründervertrieb ≠ Skalierung: Warum viele Scale-ups an der eigenen Komplexität scheitern“

Viele Gründerinnen und Gründer strotzen vor Selbstvertrauen – und das mit Recht. Ohne Mut, Energie und Durchsetzungsstärke hätten sie ihr Start-up nie dahin gebracht, wo es heute steht. Doch genau dieses Selbstvertrauen wird beim Skalieren oft zum Problem. Denn was im Start-up funktioniert, scheitert im Scale-up.

Skalieren bedeutet nicht, einfach mehr von dem zu machen, was bisher erfolgreich war. Es bedeutet, eine Organisation zu bauen, die unabhängig von der Gründerenergie funktioniert. Und hier liegt der Knackpunkt: Die meisten Gründer haben Skalierung noch nie gemacht – glauben aber, dass sie es können.

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1. Gründervertrieb ist keine Skalierung

In der Anfangsphase lebt Vertrieb von Leidenschaft, Vision und persönlichen Beziehungen. Gründer sind die besten Verkäufer, weil sie das Produkt verkörpern. Doch dieser Modus lässt sich nicht unbegrenzt hochskalieren. Ein Dutzend Deals kann man noch persönlich steuern – hundert oder tausend nicht mehr. Wer weiter alles selbst treiben will, blockiert Wachstum und die Organisationmacht sich abhängig von einzelnen Personen.


2. Selbstvertrauen statt Struktur

Viele Gründer denken: „Wenn wir es bis hierher geschafft haben, schaffen wir den nächsten Schritt auch.“ Dieses Selbstvertrauen ist bewundernswert – aber gefährlich. Skalierung verlangt Strukturen, Prozesse und klare Verantwortlichkeiten. Wer glaubt, mit Bauchgefühl und Gründerenergie auszukommen, übersieht, dass wachsende Organisationen Reibung erzeugen. Ohne Systematik kippt das Unternehmen irgendwann in Chaos.


3. Delegieren fällt schwer

Das vielleicht größte Problem: Gründer können schwer loslassen. Sie haben alles selbst aufgebaut, jedes Detail durchdacht, jedes Problem selbst gelöst. Nun sollen sie plötzlich Verantwortung abgeben, Manager einstellen, Vertrauen schenken? Viele tun sich schwer damit – und torpedieren unbewusst den eigenen Skalierungserfolg.


Ein Praxisbeispiel:Ein junges SaaS-Unternehmen aus Deutschland wuchs in wenigen Jahren von 15 auf 120 Mitarbeitende. Der Gründer war ein brillanter Verkäufer, kannte jeden Kunden persönlich und entschied über jeden größeren Deal. Als die Nachfrage stieg, stellte er zwar neue Sales-Leute ein – ließ sie aber kaum eigenständig arbeiten. Jedes Angebot musste über seinen Tisch, jedes CRM-Update wurde von ihm geprüft. Am Ende gelangte trotzdem alles in Excel. Ergebnis: Deals blieben liegen, das Team war frustriert, und die besten bzw. neu eingestellten Leute gingen bald wieder. Erst als er sich entschloss, eine erfahrene Vertriebsleiterin einzustellen und ihr echte Verantwortung zu geben, kam das Wachstum wieder in Gang. Doch der Stillstand hatte das Unternehmen fast zwei Jahre gekostet.


4. Standardisierung wird vermieden

„Wir sind agil, wir sind anders“ – diesen Satz höre ich in Scale-ups häufig. Klingt cool, blockiert aber Skalierung. Denn Wachstum bedeutet Standardisierung: Playbooks, Pricing, Onboarding, CRM-Disziplin. Wer alles individuell und flexibel hält, bremst. Skalierung heißt, wiederholbare Muster zu schaffen – auch wenn es weniger „sexy“ wirkt.


5. Erfahrung fehlt – und wird ignoriert

Skalierung ist ein Handwerk. Es erfordert Erfahrung im Aufbau von Teams, in der Internationalisierung, im Führen von Führungskräften. Doch viele Gründer glauben, sie könnten es allein lernen – und lehnen externe Hilfe ab. Statt die Lernkurve zu verkürzen, fahren sie lieber Umwege, machen teure Fehler und verlieren wertvolle Zeit.


Fazit: Skalieren heißt loslassen

Machen wir uns ehrlich: Die meisten Gründer überschätzen sich. Sie haben noch nie skaliert, glauben aber, sie könnten es nebenbei erledigen. Doch Skalierung ist kein Selbstläufer, sondern ein völlig neuer Modus.


Wer weiter alles selbst macht, fährt irgendwann mit Vollgas in die Wand. Wer aber den Mut hat zu delegieren, Strukturen aufzubauen und externe Erfahrung hereinzulassen, schafft den Sprung vom Start-up zum echten Scale-up.


Denn am Ende entscheidet nicht Gründerenergie über den Erfolg, sondern die Fähigkeit, eine Organisation größer zu machen, als man selbst ist.

 
 
 

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